SatelliFax Ausgabe Samstag, 01. Juni 2002 (Auszug) ARD und ZDF zeigen Fußball-WM nicht digital - SAT.1 verschlüsselt WM- Berichte Rund eine Million Haushalte - das entspricht zwei bis drei Millionen Zuschauern - waren gestern vom Auftakt der Fußball-WM in Japan und Südkorea ausgeschlossen. Kurz vor dem Anpfiff der ersten Begegnung erklärten ARD und ZDF, dass die Verhandlungen mit dem Rechteinhaber Kirch Media in letzter Minute gescheitert seien. Konsequenz: Die Spiele dürfen nicht digital via Satellit ausgestrahlt werden - auch nicht auf den extra eingerichteten Auslagerungskanälen, die aufgrund technischer Modifikationen mit den meisten der von Pay-TV-Abonnenten im Ausland eingesetzten Digitalreceivern nicht empfangen werden können. Stattdessen wird über Astra (19,2° Ost) ein Alternativprogramm mit Filmen und Serien angeboten. Auf den Auslagerungskanälen befindet sich der Hinweis, dass es aus rechtlichen Gründen leider nicht möglich sei, die Übertragung der Fußball-WM digital auszustrahlen. "Wir bitten hierfür um Verständnis." Noch schlechter haben es die Digitalzuschauer, die ARD und ZDF über Hot Bird (13° Ost) empfangen. Dort ist lediglich eine Schrifttafel zu sehen, dass die WM-Spiele aus rechtlichen Gründen nicht über Eutelsat ausgestrahlt werden können. Ein Alternativprogramm gibt es nicht. ARD und ZDF hatten von Kirch lediglich die Rechte für die analoge Satellitenverbreitung erworben, die in vielen ausländischen Ländern kaum mehr eine Rolle spielt. Die digitalen Rechte waren ausgeklammert. Da Kirch seinen ausländischen Pay-TV-Vertragspartnern Exklusivität zusagte, sollte durch den technischen Trick verhindert werden, dass den Pay-TV-Sendern wirtschaftlicher Schaden entsteht - zum Beispiel durch Zuschauer, die lieber die Spiele im Free-TV bei ARD und ZDF sehen als sich ein Pay-TV- Abonnement zuzulegen. Der stellvertretende ARD-Vorsitzende Peter Voß unterstreicht in einer Mitteilung, dass die öffentlich-rechtlichen Sender alles unternommen hätten, um auch den Zuschauern mit digitalen Empfangsgeräten die WM-Spiele zu zeigen. "Für den unwahrscheinlichen Fall, dass anderen Rechteinhabern durch unsere Übertragung Schaden entstehen könnte, waren wir zu Ersatzzahlungen bereit. Wir waren uns mit Kirch einig, dass dies nur für tatsächlich aufgetretene und nachgewiesene Schäden gelten kann. Nun aber werden im letzten Moment von Kirch Media Nachforderungen erhoben, die uns einen unkalkulierbaren Schadenersatz abverlangen. Das können wir vor den Gebührenzahlern nicht verantworten", sagte Voß. ZDF-Intendant Markus Schächter zeigte sich enttäuscht nach den wochenlangen Verhandlungen: "Leidtragende sind ausschließlich Digital- Empfänger, doch Kirch Media hat bis zuletzt Hürden aufgebaut und Auflagen gemacht, die wir nicht erfüllen konnten." Konkret scheiterte es der Mitteilung zufolge zuletzt an dem "unkalkulierbar gewordenen finanziellen Risiko" für ARD und ZDF, da Schadensersatzforderungen nicht eingegrenzt wurden. Auch SAT.1 ist davon betroffen. Die tägliche zweistündige WM- Sendung "ran - WM-Fieber" wird - wie erwartet (SatelliFax 14.05.02) - in Betacrypt verschlüsselt. Premiere-Abonnenten können das Signal mit ihrer Smartcard entschlüsseln. Kirch Media wies in einer Erklärung die Anschuldigungen von ARD und ZDF zurück und gibt den schwarzen Peter an die öffentlichrechtlichen Sender weiter. Die Stellungnahme im Wortlaut: "ARD und ZDF haben sich in dem WM- Vertrag mit Kirch Media verpflichtet, die digitale Ausstrahlung der WM über Satellit auf Deutschland zu beschränken und zu verschlüsseln. Die Kirch-Gruppe hatte ARD und ZDF mehrfach, erstmals im Januar 2002, angeboten, bei der Verschlüsselung entsprechende technische Hilfestellung zu geben. Dieses Angebot haben die öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht angenommen. Bei einer verschlüsselten digitalen Ausstrahlung hätten rund 500.000 Zuschauer, die digitale Satellitenempfänger mit Common-Interface- Ausgang besitzen, die Fußballweltmeisterschaft empfangen können. Stattdessen haben ARD und ZDF ihrerseits eine alternative technische Lösung zur Verschlüsselung vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Verschlüsselung im herkömmlichen Sinne, da sowohl der Audio- als auch der Videostrom bei diesem Verfahren unverschlüsselt übertragen werden und von allen Free-to-Air-Boxen empfangen werden können. Obwohl bei Kirch Media Zweifel bestehen, ob diese technische Lösung alle in dem von ARD und ZDF unterschriebenen Vertrag vereinbarten Bedingungen erfüllt, hat Kirch Media ARD und ZDF die Möglichkeit eingeräumt, die WM mit dieser Technik digital über Satellit auszustrahlen und das entsprechende Signal zur Verfügung gestellt. Kirch Media verlangte lediglich eine Freistellung von möglichen Schadensersatzansprüchen ihrer Vertragspartner: Für den Fall, dass wegen einer nicht hinreichenden Verschlüsselung Forderungen wegen Verletzungen exklusiver Rechte von Vertragspartnern in anderen Ländern, zum Beispiel Via Digital in Spanien, geltend gemacht würden, hätte Kirch Media dieses wirtschaftliche Risiko nicht tragen können." Alexander Liegl, Geschäftsführer Sportrechte von Kirch Media, erklärte: "Wir haben ARD und ZDF alle rechtlich und wirtschaftlich vertretbaren Brücken gebaut, um trotz der klaren vertraglichen Regelungen auch die digitale Satellitenausstrahlung der Fußball-WM zu ermöglichen. Wir bedauern, dass ARD und ZDF nicht bereit sind, im Interesse der Zuschauer auf diese Vorschläge einzugehen." Fest steht: Die jetzt eingetretene Situation wird für medienpolitischen Zündstoff sorgen. ARD und ZDF dürfen sich nun auf Gebühren-Rückforderungen von GEZ-Zahlern einstellen, die die Spiele nicht empfangen konnten. Die ohnehin schleppend verlaufende Entwicklung des Digitalfernsehens in Deutschland dürfte weiter gebremst werden - ein herber Rückschlag für die Set-Top-Box-Industrie, die sich gerade nach dem Ende des d-box-Monopols große Hoffnungen machte. Als erster Hersteller kündigte TechniSat an, sich rechtliche Schritte gegenüber ARD und ZDF vorzubehalten. Es werde überlegt, auch im Namen der Kunden eine Schadensersatzklage einzureichen, erklärte das Unternehmen. Quelle: SatelliFax vom 01.06.2002 - http://www.satellifax.de www.dxandy.de